EtherCAT ist ein von der Firma Beckhoff initiierter, Ethernet basierter Feldbus. Das offengelegte Protokoll eignet sich für harte wie weiche Echtzeitanforderungen in der Automatisierungstechnik.
Die Schwerpunkte der Entwicklung von EtherCAT lagen auf extrem kurzen Zykluszeiten (≤ 100 µs), niedrigem Jitter für exakte Synchronisierung (≤ 1 µs) und niedrigen Hardwarekosten.
Seit der Veröffentlichung 2003 existiert die EtherCAT Technology Group als eine Vereinigung von Interessenten, Herstellern und Anwendern (April 2008: über 732 Mitglieder aus 41 Ländern). Die Mitglieder tragen in technischen Arbeitskreisen zur Weiterentwicklung der Technologie bei.
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Der vom Master versendete Standard Ethernet Frame (gemäß IEEE 802.3) wird nicht wie bei anderen Industrial Ethernet Lösungen in jeder Anschaltung zunächst empfangen, dann interpretiert und die Prozessdaten weiterkopiert. Die EtherCAT Slave-Geräte entnehmen die für sie bestimmten Daten, während das Telegramm das Gerät durchläuft. Ebenso werden Eingangsdaten im Durchlauf in das Telegramm eingefügt. Dabei wird ein Rahmen nicht vollständig empfangen, bevor er verarbeitet wird, sondern die Bearbeitung wird so früh wie möglich begonnen. Das Versenden erfolgt ebenso mit einem minimalen Versatz von wenigen Bitzeiten.
Klicken Sie hier, um sich das Funktionsprinzip von EtherCAT animiert anzusehen (SVG Animation, es wird folgendes Plugin benötigt. Firefox unterstützt aktuell kein SVG).
Versendet wird das für Prozessdaten optimierte EtherCAT Protokoll innerhalb eines Standard Ethernet Frames unter Verwendung eines eigenen Ethertypes (0x88A4). Das EtherCAT Telegramm kann aus mehreren Subtelegrammen (EtherCAT Kommandos) bestehen, die jeweils einen Speicherbereich des bis zu 4 Gigabyte großen logischen Prozessabbildes bedienen.
Die datentechnische Reihenfolge ist dabei unabhängig von der physikalischen Reihenfolge der Teilnehmer im Netz, es kann wahlfrei adressiert werden. Broadcast, Multicast und Querkommunikation zwischen Slaves sind möglich.
EtherCAT ermöglicht eine große Vielfalt von Topologien wie Linie, Baum, Ring, Stern und deren Kombinationen. Damit verknüpft sind unterschiedliche Kommunikationseigenschaften wie Leitungsredundanz, Hot Connect von Segmenten, Gerätetausch bei laufendem Netzwerk oder auch Master-Redundanz mit Hot Stand-by.
Durch die Kombination von Topologievarianten mit verschiedenen Netzwerkarchitekturen wie etwa unterlagerten oder benachbarten Steuerungssystemen mit durchgängiger Synchronisation ergeben sich damit viele Möglichkeiten. So benötigt man auch keine zusätzlichen Switche.
Die Fast Ethernet Physik erlaubt eine Leitungslänge von maximal 100 m zwischen zwei Teilnehmern, der E-Bus (LVDS) ist nur bei modularen Geräten als physikalische Schicht vorgesehen. Für jede Leitungsstrecke kann die Signalvariante individuell ausgewählt werden. Bei Entfernungen von bis zu 2 km zwischen zwei Slaves kommen Lichtwellenleiter zum Einsatz. Da bis zu 65535 Teilnehmer angeschlossen werden können, ist die gesamte Netzausdehnung nahezu unbeschränkt.
Der exakten Synchronisierung kommt immer dann eine besondere Bedeutung zu, wenn räumlich verteilte Prozesse gleichzeitige Aktionen erfordern, z. B. wo mehrere Servo-Achsen gleichzeitig koordinierte Bewegungen ausführen sollen.
Der leistungsfähigste Ansatz zur Synchronisierung ist der exakte Abgleich verteilter Uhren - wie auch im Standard IEEE 1588 beschrieben. Dabei wird die Uhrzeit der Haupt-Uhr via EtherCAT zu den Neben-Uhren übertragen und diese laufzeitkompensiert nachgeregelt. Bei EtherCAT ist die Haupt-Uhr in einem Slave-Gerät, so dass auch hierfür keine spezielle Hardware im Master erforderlich ist. Die Synchronisationsgenauigkeit ist dabei deutlich unter 1 µs, bei 300 Teilnehmern und 120 m Leitungslänge wurden Abweichungen von +/- 20 ns erzielt.
Aufgrund der Hardware-Integration im Slave und DMA-Zugriff auf die Netzwerkkarte im Master erfolgt die gesamte Protokollbearbeitung in Hardware und ist damit unabhängig von der Laufzeit des Protokollstacks, der CPU-Performance oder Software-Implementierung.
Prozessdaten | Update-Zeit |
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256 verteilte digitale E/A | 11 µs – 0,01 ms |
1000 verteilte digitale E/A | 30 µs |
200 analoge E/A | 50 µs bei 20 kHz |
100 Servoachsen, je 8 Byte Ein- und Ausgangsdaten | 100 µs |
1 Feldbus Master Gateway (1486 Byte Eingangs- und 1480 Bytes Ausgangsdaten | 150 µs |
Die Bandbreitenausnutzung wird maximiert, da nicht für jeden Teilnehmer und jedes Datum stets ein eigener Rahmen benötigt wird. Damit ergeben sich extrem kurze Zykluszeiten von ≤ 100 µs. Durch die Nutzung der Voll-Duplex Eigenschaften von 100Base-TX können effektive Datenraten von über 100 Mbit/s (> 90 Prozent Nutzdatenrate von 2x100 MBit/s) erreicht werden.
Das EtherCAT Technlogieprinzip ist skalierbar und nicht an 100 Mbit/s gebunden – eine Erweitung auf Gigabit-Ethernet ist möglich.
Die schnelle und präzise Erkennung von Störungen ist eine von vielen Diagnoseeigenschaften, die EtherCAT bietet.
Bitfehler in der Übertragung werden durch die Auswertung der CRC-Prüfsumme zuverlässig erkannt: das 32 Bit CRC-Polynom weist eine minimale Hamming-Distanz von 4 auf. Neben der Bruchstellenerkennung und -lokalisierung erlauben Protokoll, Übertragungsphysik und Topologie des EtherCAT Systems eine individuelle Qualitätsüberwachung jeder einzelnen Übertragungsstrecke. Die automatische Auswertung der entsprechenden Fehlerzähler ermöglicht die exakte Lokalisierung kritischer Netzwerkabschnitte.
Die Geräteprofile beschreiben die Anwendungs-Parameter und das funktionale Verhalten der Geräte, einschließlich der geräteklassenspezifischen Zustandsmaschinen. Es werden die folgenden Schnittstellen für bestehende Geräteprofile angeboten. Eine Migration vom bisherigen Feldbus zu EtherCAT wird somit deutlich erleichtert.
CANopen-Geräte- und Applikationsprofile stehen für eine große Vielfalt von Geräteklassen und Anwendungen zur Verfügung: Angefangen von den E/A-Baugruppen über Antriebe (z.B. Antriebsprofil DS 402), Encoder, Proportionalventile und Hydraulikregler, bis hin zu Anwendungsprofilen. EtherCAT kann die gleichen Kommunikationsmechanismen bereitstellen, wie sie vom CANopen Standard EN 50325-4 her bekannt sind.
SERCOS interface™ ist als leistungsstarke Echtzeit-Kommunikationsschnittstelle insbesondere für anspruchsvolle Motion Control Anwendungen weltweit anerkannt und geschätzt. Das SERCOS-Profil für Servoantriebe und die Kommunikationstechnologie sind in der IEC 61800-7 genormt. In dieser Norm ist auch das Mapping des SERCOS Servodrive-Profils auf EtherCAT enthalten.
Beliebige Ethernetgeräte können innerhalb des EtherCAT-Segment via Switchport angeschlossen werden. Die Ethernet Frames werden durch das EtherCAT Protokoll getunnelt, wie es bei den Internet Protokollen üblich ist (z.B. TCP/IP, VPN, PPPoE (DSL), etc.). Das EtherCAT Netzwerk ist dabei für die Ethernet Geräte voll transparent und die EtherCAT-Echtzeiteigenschaften werden nicht beeinträchtigt.
Dieses an TFTP angelehnte, sehr einfache Protokoll ermöglicht den Zugriff auf beliebige Datenstrukturen im Gerät. Damit ist z.B. ein einheitlicher Firmware Upload auf Geräte möglich - unabhängig davon, ob diese TCP/IP unterstützen.
Parallel zur EtherCAT Entwicklung wurde auch ein feldbusunabhängiges Safety-Protokoll entwickelt, das für EtherCAT als Safety over EtherCAT zur Verfügung steht. Damit lässt sich funktionale Sicherheit mit EtherCAT realisieren. Protokoll und Implementierung sind vom TÜV zertifiziert und erfüllen das Safety Integrity Level 3 nach IEC 61508.
Dabei verursacht Safety over EtherCAT keine Einschränkung bezüglich Übertragungsgeschwindigkeit und Zykluszeit, da EtherCAT als einkanaliges Kommunikationsmedium genutzt wird. Das Transportmedium wird dabei als „Black Channel“ betrachtet und nicht in die Sicherheitsbetrachtung mit einbezogen.
Da EtherCAT Standard Ethernet Frames nach IEEE 802.3 verwendet, eignet sich jedes handelsübliche Ethernet Monitor Tool zur Beobachtung der EtherCAT Kommunikation. Zusätzlich gibt es kostenlose Parser-Software für Wireshark (ehemals Ethereal, ein Open Source Monitoring Tool) und den Microsoft Netzwerk Monitor, mit der mitgeschnittener EtherCAT Datenverkehr komfortabel aufbereitet und zur Anzeige gebracht wird.
Über Gateways lassen sich bestehende Netze wie CANopen, DeviceNet und Profibus nahtlos in die EtherCAT Umgebung integrieren und bieten darüber hinaus einen stolperfreien Migrationspfad vom klassischen Feldbus zu EtherCAT. Damit werden bestehende Investitionen geschützt.
Dank der Performance von EtherCAT wird dabei mit ausgelagerten Feldbusmastern genauso schnell kommuniziert wie mit den klassischen, über PCI oder andere Rückwandbusse angebundenen Karten. Da dezentrale Feldbusschnittstellen zu kürzeren Ausdehnungen der Feldbusse führen, lassen sich diese häufig sogar noch mit höheren Baudraten betreiben als dies bei der klassischen Architektur möglich gewesen wäre.
Master lassen sich als Software-Lösung auf beliebigen Ethernet MACs implementieren. Es gibt Code von verschiedenen Herstellern und für unterschiedliche Betriebssysteme, darunter mehrere Open Source Projekte (siehe Links).
Es wird aufgrund des verlagerten Mappings in die Slave-Hardware keine großen Anforderungen an die CPU-Leistung des Master gestellt, dieser erhält die Daten bereits als fertig sortiertes Prozessabbild.
Im Slave-Gerät kommt ein kostengünstiger EtherCAT Slave Controller Chip (als ASIC oder FPGA) zum Einsatz. Für einfache Geräte ist kein zusätzlicher Mikrocontroller erforderlich. Bei komplexeren Geräten ist die Kommunikations-Performance bei EtherCAT nahezu unabhängig von der Leistungsfähigkeit des verwendeten Controllers - die Anschaltung wird entsprechend günstig. In den meisten Fällen ist ein 8-Bit Mikrocontroller ausreichend.
Zur Unterstützung einer Slave-Implementierung werden Evaluation-Kits angeboten, die auch Slave Anwendungssoftware im Quellcode sowie Test-Master enthalten. Somit kann in wenigen Schritten ein voll funktionsfähiges Master-Slave EtherCAT Netzwerk in Betrieb genommen werden.
Die EtherCAT Technology Group wurde 2003 gegründet und zählt heute zur größten Industrial Ethernet Nutzerorganisation weltweit.
Sie bietet ihren Mitgliedern Implementierungsunterstützung und Schulungen an, veranstaltet Plug-Fests (sogenannte Interoperabilitätstests) und treibt die Entwicklung und Verbreitung der Technologie mit Hilfe der Mitglieder und Büros in Deutschland, China, Japan, Korea und den USA voran.
In der ETG finden sich Endanwender aus unterschiedlichen Branchen, Maschinenhersteller und Anbieter von leistungsfähiger Steuerungstechnik zusammen, um die EtherCAT-Technologie zu unterstützen und zu fördern. Die Branchenvielfalt gewährleistet, dass EtherCAT für vielfältige Anwendungen optimal vorbereitet ist. Die Systempartner sorgen mit ihrem qualifizierten Feedback für die einfache Integration der Hardware- und Softwarebausteine in alle erforderlichen Geräteklassen.
Das unter Mithilfe von ETG Mitgliedern entwickelte Conformance Test Tool stellt die Interoperabiliät und Protokollkonformität der EtherCAT Geräte sicher.
EtherCAT ist seit 2005 IEC Norm. Die EtherCAT Technology Group ist offizieller Normungspartner der IEC Arbeitsgruppen für digitale Kommunikation.
Die Integration in die Internationalen Standards IEC 61158 (Protokolle und Dienste) und IEC 61784-2 (Kommunikationsprofile für die spezifischen Geräteklassen) ist erfolgt. In der IEC 61800-7 (Antriebsprofile und -kommunikation) ist EtherCAT als Kommunikationstechnologie für das SERCOS- und das CANopen-Antriebsprofil genormt. Auch in ISO 15745-4 (Gerätebeschreibung mit XML) ist EtherCAT enthalten.
Seit September 2007 ist EtherCAT zudem SEMI-Standard: die E54.20 beschreibt den Einsatz der Technologie in Halbleiter- und Flachdisplay-Fertigungsanlagen.