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Das Läutewerk ist seit der Erfindung der Eisenbahn ein wesentliches Instrument zur Signalisierung bestimmter Informationen, insbesondere zur Warnung vor Gefahren aber auch zur Bekanntgabe des Eintreffens von Zügen.
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Wie andere Bauteile bei den ersten Eisenbahnen auch, dürfte auch das Läutewerk als manuell betätigte mechanische Glocke von den Postkutschen und Pferdefuhrwerken übernommen worden sein. Mit der Entwicklung des Eisenbahnwesens bildeten sich unterschiedliche Einsatzgebiete heraus.
Die bei der Eisenbahn eingesetzten Läutewerke geben in der Regel einen gleich bleibenden Glockenton ab, der je nach Bauweise Reichweiten von bis zu 3 Kilometern haben kann. Es gab aber auch Läutewerke mit zwei glockenförmig oder andersartig gestalteten Resonanzkörpern, die dann ggf. auch unterschiedliche Glockentöne abgaben.
Die Läutewerke bei der Eisenbahn hatten immer die Aufgabe, durch ein deutlich von anderen Tönen unterscheidbares akustisches Signal Aufmerksamkeit zu erzeugen. Sowohl für die Information der Eisenbahnbediensteten, im überwiegenden Fall aber für die Reisenden und andere Verkehrsteilnehmer war das Läutewerk mit einer Anforderung an besondere Aufmerksamkeit und Warnung vor der mit dem Eisenbahnverkehr verbundenen Gefahr verbunden.
Im Unterschied zu den ebenfalls zur Signalisierung von Zügen eingesetzten Pfeifen, die insbesondere durch sehr schrille, hochfrequente Töne bei Tieren (Arbeitstiere, Zugtiere im Einsatz nahe der Eisenbahnstrecke) zu erheblicher Verunsicherung und panikartigen Bewegungsänderungen führte, wurde mit dem Läutewerk der (von Kirchtürmen her) bekannte Glockenton genutzt. Durch kürzere Intervalle unterscheidet sich der Ton von Eisenbahnläutewerken jedoch für den Menschen deutlich von anderen Läutewerken (z.B. Kirchen, Feuerwehr).
Seit dem 7. Dezember 1835, der Eröffnung der „Ludwigs-Eisenbahn“ zwischen Nürnberg und Fürth als der ersten deutschen Eisenbahn, fahren in Deutschland Eisenbahnen für den öffentlichen Verkehr von Personen und Gütern. Der ersten Strecke folgten bald viele weitere, die zunächst noch voneinander getrennt entstanden und erst im Laufe der Jahrzehnte zu einem Netz zusammengeschlossen wurden. Das frühe deutsche Signalwesen hatte eine Besonderheit gegenüber dem englischen: Während sich in England in der Regel Bahn und Straße niveaufrei kreuzten, die Bahn in einem immer befahrbaren Zustand betrachtet wurde und Signale in der Regel freie Fahrt anzeigten, war es in Deutschland wegen der vielen niveaugleichen Bahnübergänge notwendig, diese Gefahrenstellen mit einem Wärter zu sichern. Außerdem verlangten in der Anfangszeit alle deutschen Bahngesellschaften von den Bahnwärtern die Revision der Strecke zwischen den Zugfahrten, um sich vom sicheren Zustand des Fahrweges zu überzeugen. Damit wurden die Bahnwärter zu den wichtigsten Garanten für eine sichere Fahrt.
Solange die Züge relativ langsam und erst auf Sicht, später im Zeitabstand verkehrten, erhielten sie von den Wärtern unentwegt Befehle zum Fahrverhalten und Informationen zum Bahnzustand. Den Bahnzustand und die bevorstehende Zugfahrt signalisierten sich die auf Sichtentfernung postierten Wärter auch untereinander mit Fahnen, farbig abgeblendeten Laternen oder Hörnern stafettenartig zu. Für diese dem Zug vorauseilenden Signale entstand der Begriff „durchlaufende Liniensignale“. Jedes weitergegebene Signal galt als Bestätigung dafür, dass die Bahn „fahrbar“ war. Recht bald kamen für diese Signalisierung Ballonsignale (1840) und Flügeltelegrafen (1842) auf. Sie übermittelten als „optische Telegraphen“ die Informationen über den Zustand der Bahn, den Lauf der Züge oder betriebliche Belange, wie Anforderung von Hilfe oder ähnliches von einer Station über alle Wärterposten zur nächsten Station.
Der Zeitpunkt für den Bahnwärter, zur Signalübermittlung bereit zu sein, wurde vom Fahrplan abgeleitet. Außerplanmäßig eingelegte Züge passten nicht in dieses System, da sie nicht erwartet wurden. Deshalb mussten sie vom vorausfahrenden planmäßigen Zug angekündigt werden (Fahne, Laterne, Signalscheibe an der Lok oder/ und am letzten Wagen).
Mit steigender Zugdichte und nach Einführung des Fahrens auf Zeit wurde die Gefahr immer größer, dass die Bahnwärter eine Zugfahrt verpassten. Bei Nebel oder Unwetter gelang die rein optische Signalübermittlung nicht mehr störungsfrei. Wenn die Wärter in den Zugpausen ihren Streckenabschnitt revidierten und kleinere Schäden sofort selbst behoben, fielen sie in der stafettenähnlichen Signalübermittlung von einem zum nächsten Posten aus. Ein die Bahn- und Schrankenwärter warnendes Signal wurde dringend erforderlich.
Eduard Schmitt hat in seinen Vorträgen über Eisenbahnbau das Signalwesen um 1875 umfassend dargestellt und begründet, warum seinerzeit unter den vorgenannten Bedingungen die Glockensignale in der Gruppe der akustischen Signale so wichtig waren.
Hier dazu einige treffende Passagen:
„Bei den akustischen Signalen fällt der Unterschied zwischen Tages- und Nachtsignalen hinweg; sie werden stets in gleicher Form angewendet. Die Mittel, welche sich darbieten, um ohne allzugroße Kosten, überall und einfach, Töne von einiger Stärke hervorbringen zu können, sind ziemlich beschränkt. Nur die Hervorbringung von Detonationen ist ein zwar einfaches und meistentheils auch anwendbares Signalmittel; doch ist es kostspielig und gestattet nur eine sehr kleine Anzahl von Signalen. In Folge dessen bleiben nur die Glocken-, Pfeifen- und Horn-(Trompeten-)Töne übrig. (...) Die Töne der Glocken sind auch nicht auf weitere Strecken hörbar, als die Pfeifen- und Horntöne (im Gegensatz zu Lokomotivpfeifen/W. L.), außer die Glocken haben ungemein grosse Durchmesser. Die Hörbarkeit ist je nach Umständen sehr verschieden. In stiller Nacht kann unter günstigen Verhältnissen, bei Windstille, klarer Luft etc., der Ton eines gut construirten Hornes auf eine halbe Meile (1 Meile im Schnitt 7,5 km/W. L.) weit gehört werden; Pfeifen wird man nicht so weit vernehmen können. Der Ton grosser Glocken wird auf zwei Meilen weit unter den oben angeführten Verhältnissen vernommen.
Für Signale jedoch, welche dem Eisenbahnbetriebe diesen sollen, ist das erste Erforderniss, dass sie unter allen Verhältnissen wahrnehmbar sind; in Folge dieser Bedingung beschränkt sich aber die Verwendung akustischer Signale ungemein. Es giebt kein durch die menschlichen Athmungsorgane gegebenes akustisches Signal, das gegen Sturmwind, bei Regen und Schnee etc. über 400 Meter weit zuverlässig hörbar bliebe. Glocken mäßiger Dimensionen erreichen höchstens das Doppelte dieser Distanz. (...)
Die optischen Signale weisen den akustischen gegenüber folgende Vortheile auf:
Dagegen gewähren die akustischen Signale folgende Vortheile vor den optischen:
Aus dem Gesagten geht hervor, dass das Gebiet, auf welchem optische Signale anwendbar sind, ein grösseres ist, als das der akustischen Signale. Andererseits empfehlen sich die akustischen Signale namentlich zum Herbeirufen und zur Erweckung der Aufmerksamkeit und, ihrer leichten Verständlichkeit wegen, zu Mittheilungen an das Publicum.“
Bereits um 1841 experimentierte die Taunusbahn Frankfurt/Main - Wiesbaden mit mechanischen Klingelzügen. Auf einer gusseisernen Säule war eine „stark tönende Klingel“ angebracht. Die Wärter betätigten einen Fußhebel, und dieser übertrug die Bewegung auf einen in Schutzröhren an der Schieneninnenseite liegenden Drahtzug aus Messing. Es gab nur ein Signal „Achtung!“. Da nach wie vor der allen Posten vorliegende Fahrplan das einzige betriebliche Organisationsmittel war, nach dem sich der Betriebsablauf zu richten hatte, genügte dieser Ton. Dass die Versuche um 1843 abgebrochen wurden, lag daran, weil die kilometerlangen Leitungen über Gebühr stoßweise beansprucht wurden und den Belastungen nicht standhielten. Staub, Wärme, Frost und Feuchtigkeit taten das ihre dazu. Dennoch gebührt der Taunusbahn das Verdienst, die Vorläufer der Läutesignale erfunden zu haben.
Die Nachteile der optischen Signalgebung waren:
Es fehlte vor Beginn der beabsichtigten Signalübermittlung der aufmerksam machende Ton.
Nach der Erfindung des Elektromagneten begannen um 1840 die ersten Experimente mit dem elektrischen Strom zur Nachrichtenübermittlung. In der Folgezeit konnten sich elektrische Telegrafenapparate verschiedener Firmen und Systeme bei den Eisenbahnen durchsetzen. Am bekanntesten und am meisten verbreitet war der Morse-Apparat, der über einhundert Jahre in Gebrauch war. Mit diesem neuartigen System der Nachrichtenübermittlung zeichnete sich eine allgemeine Dreiteilung der Signalmittel ab:
Dieser Forderungskatalog, 1846 von der Thüringischen Eisenbahngesellschaft aufgestellt, wurde richtungsweisend für alle Entwicklungen auf diesem Gebiet der elektrischen Fernwirktechnik. Die Thüringische Eisenbahngesellschaft hatte im Juni 1846 auf der Strecke Halle - Merseburg - Weißenfels als erste deutsche Bahngesellschaft eine elektromechanische Läutesignalanlage mit 39 Läutewerken in Betrieb genommen und zugleich ab sofort auf die optischen Telegraphen verzichtet! Auch auf den anderen Bahnen verschwanden nach und nach die optischen Telegrafen bei den Bahn- und Schrankenwärtern. Ende der 1870er Jahre dürften die letzten abgebaut worden sein. Die elektromechanischen Läutewerke hatten sich bereits als solides, unkompliziertes und praxisgerechtes Instrument erwiesen, das denn auch entgegen allen Befürchtungen über insgesamt fast zwölf Jahrzehnte hinweg – sogar parallel zu den später aufkommenden Streckenfernsprechern – anstandslos funktionierte.
Der Klang der Eisenbahn-Läutewerke unterscheidet sich von dem der anderen gebräuchlichen Glocken durch den Gruppen-Charakter: Eine „Gruppe“ besteht aus fünf oder sechs Glockenschlägen, die auf eine Glocke, zwei oder drei Glocken abgegeben werden. Eisenbahn-Läutesignale bestehen aus einer bestimmten Anzahl von Gruppe: eine Gruppe heißt „Zugfahrt von A nach B“; zwei Gruppen (ca. 3 Sekunden Pause zwischen den beiden Gruppen) heißt „Zugfahrt von B nach A“ (also Gegenrichtung); drei Gruppen heißt „Irrtum, das eben abgegebene Signal gilt nicht“ (also Rücknahme eines falsch abgegebenen Signals) und sechs Gruppen bedeuten „Alarm! Es ist etwas Außergewöhnliches passiert!“ (also sofort Schranken schließen und alle noch unterwegs befindlichen Züge sofort zum Halten bringen). Verliefen mehrere Strecken am Wärterposten vorbei, unterschieden sich die Läutewerke durch ihr Klangbild (Anzahl der Glocken, Größe der Glocken – also Tonhöhe, Art des Schlagausführung – also gleichmäßig oder hinkend usw.).
Dipl.-Ing. Wolfgang List, Stendal www.altmarkschiene.de
Bei der Eisenbahn werden (bzw. wurden) Läutewerke zu folgenden Zwecken eingesetzt:
Läutewerke auf Schienenfahrzeugen haben grundsätzlich die Aufgabe, andere Verkehrsteilnehmer (an Bahnübergängen, in Ortsdurchfahrten) sowie die Reisenden am Bahnsteig vor dem herannahenden Zug zu warnen bzw. das Ankommen des Zuges anzukündigen. Besonders auf Nebenbahnen und Bahnen untergeordneter Bedeutung war der Gebrauch eines Läutewerks dem der Dampfpfeife wegen der genannten Reaktionen der landwirtschaftlichen Nutztiere vorzuziehen.
Läutewerke waren nur auf Nebenbahnen durch die Betriebsordnung vorgeschrieben. Lokomotiven die für Hauptbahnen vorgesehen waren mussten nur dann ein Läutewerk besitzen, wenn der Laufweg der Zugleistungen regelmäßig Nebenbahnen berührte. Wurde nur ausnahmsweise eine Nebenbahn befahren, konnten manuell durch den Lokführer oder Heizer/Beimann bediente Läutewerke zum Einsatz kommen.
Einfache, manuell zu bedienende Läutewerke in Form einer Glocke, die mittels Klöppel durch einen Bediener betätigt wurden, befanden sich bereits auf den ersten im Betriebseinsatz befindlichen Lokomotiven. Im Verlauf der technischen Entwicklung wurden zunächst mechanische Läutewerke mit unterschiedlichen Antriebsmechanismen (Gestänge, Seilzug, Riemenantrieb) eingesetzt. Alle technischen Lösungen wie auch die Handglocke erwiesen sich aber beim ständig steigenden Betriebsumfang nicht praktikabel.
Mitte der 1880er Jahre wurde mit dem patentierten Latowskischen Dampfläutewerk eine vollständig gebrauchstaugliche Lösung eingeführt.
Das Dampfläutewerk basierte auf dem Funktionsprinzip, das mittels eines Absperrventils die Dampfentnahme aus dem Dampfkessel zum Läutewerk geregelt und in diesem ein federnd gelagerter Klöppel bei anliegendem Dampfdruck angehoben und nach Entweichen des Dampfdruckes ein Zurückfedern des Klöppels an die Glocke erfolgt. Mittels vorhandener Anschlagpunkte des Klöppelhammers und der Verstellbarkeit des Dampfventils wurde sichergestellt, dass unterschiedliche Glockenschlagintervalle möglich wurden. Das Funktionsprinzip wurde in verschiedenen Bauformen umgesetzt.
Die Verfügbarkeit von Druckluft auf den Triebfahrzeugen ermöglichte den Einsatz von druckluftgesteuerten Läutewerken (z.B. Bauart Knorr). Das Läuten wird dabei durch eine von Innen an die Läutewerkglocke herangeschossene Stahlkugel erzeugt. Die federbelastete Luftkammer wird nach dem Entweichen der Luft in der Kammer wieder geschlossen, die Kugel rollt wieder vor die Austrittsöffnung und über die Lufteintrittsöffnung wird die Luftkammer wieder gefüllt. Sobald der Luftdruck in der Luftkammer die Federkraft wieder überwindet, wird die Kugel wieder an die Glocke geschleudert.
Mit der Verfügbarkeit von ausreichendem elektrischem Strom auf den Triebfahrzeugen (Dieselantrieb, Elektroantrieb) wurden elektrische Läutewerke eingesetzt. Das Funktionsprinzip elektrischer Läutewerke bei der Eisenbahn entspricht dem der Klingel. Lediglich in der Größe zur notwendigen Geräuschentwicklung unterscheiden sich diese von herkömmlichen Klingeln.
Manuelle Läutewerke (handbediente Glockenwerke oder Handglocken) wurden durch Eisenbahnbedienstete dort eingesetzt, wo eine besondere Aufmerksamkeit durch die Reisenden gefordert wurde. Besonders vor dem Abfahrtsignal war der Einsatz der Handglocke durch den Bahnhofsvorsteher zur Ankündigung der baldigen Abfahrt des Zuges sehr gebräuchlich.
Der Einsatz von Handglocken ist heute auf Museumsbahnen beschränkt.
Zur Information über Betriebsabläufe wurden zwischen benachbarten Betriebsstellen über Induktionskurbelwerke stationäre Läutewerke betätigt. Dadurch wurde von einer Betriebsstelle zur nächsten das Abfahren eines Zuges angekündigt. Stationäre Läutewerke gab es als
Mit der Einführung der Streckentelefonie verloren die stationären Läutewerke ihre Bedeutung, wobei das Eisenbahnstreckentelefon mit unterschiedlichen Rufzeichen für die jeweiligen Stationen einer Strecke eine Weiternutzung dieser Läutewerke erforderlich machte.
Während die Streckentelefone mit angeschlossenen Läutewerken heute weitestgehend Standardtelefonen mit eingebautem Geräuschgenerator Platz gemacht haben, sind stationäre Läutewerke heute fast ausschließlich noch bei Bahnübergangssicherungsanlagen zu finden.