Schallplatte

Tonarm

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Der Tonarm eines einfachen Plattenspielers
Der Tonarm eines einfachen Plattenspielers

Der Tonarm eines Plattenspielers dient zur Befestigung des Tonabnehmers und zur exakten Führung des Tonabnehmers in der Rille einer Schallplatte.

Die am meisten verbreitete Bauart ist der Radialtonarm, bei dem der Tonarm um einen Punkt drehbar gelagert ist. Der seltener zu findende Tangentialtonarm, bei dem sich der Tonarm parallel zum Radius des Plattentellers bewegt, vermeidet zwar einige prinzipbedingte Nachteile des Radialtonarms wie etwa Spurfehler, ist aber technisch deutlich aufwändiger.

Hauptkomponenten des Tonarms sind der Arm selbst, entweder als gerader oder bei Radialtonarmen auch als s-förmig ausgeführter Arm, der Befestigungsmechanismus für den Tonabnehmer, das Gegengewicht, mit dem der Tonarm auf unterschiedliche Tonabnehmergewichte und Auflagekräfte eingestellt werden kann, und bei Radialtonarmen eine so genannte Anti-Skating-Vorrichtung. Als Erfinder einer Vorläuferform des Tonarms bei Grammophonen gilt der Schallplattenindustrielle Carl Lindström.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Bauart

[Bearbeiten] Radialtonarm

Detailaufnahme der Lagerung eines Radialtonarms mit Gegengewicht und Anti-Skating Gewicht
Detailaufnahme der Lagerung eines Radialtonarms mit Gegengewicht und Anti-Skating Gewicht
Tonarmwaage zur Einstellung des Auflagegewichtes in 0,1-g-Schritten
Tonarmwaage zur Einstellung des Auflagegewichtes in 0,1-g-Schritten

Der Radialtonarm wird drehend, das heißt um einen vertikalen Radius lagernd gehalten. Die Lagerung eines Radialtonarms führt prinzipbedingt dazu, dass der Tonabnehmer bei seinem Weg über die Platte keinen konstanten Winkel zur Rille der Platte einnimmt. Dadurch entstehen beim Abspielen unterschiedlich starke Verzerrungen je nach Position des Tonabnehmers auf der Platte.

In der Praxis werden der Tonarm und der Tonabnehmer so eingestellt, dass der Tonabnehmer an zwei Positionen auf der Platte (bei Radius 66,0 und 120,9 mm) exakt tangential zur Rille steht, um die Verzerrungen, die durch den "Spurfehlwinkel" entstehen über die gesamte Plattenseite zu minimieren.

Eine Variante der Radialtonarme stellen so genannte Kompensationsarme dar, bei welchen der Tonarmkopf - und somit der Tonabnehmer - drehbar gelagert ist. Kopf und Tonabnehmer werden hier durch eine Mechanik bei ihrem Weg von außen nach innen über die Platte gegenüber dem Arm verdreht und so der Spurfehlwinkel zu einem gewissen Grad ausgeglichen. Der konstruktive Aufwand für eine spiel- und reibungsfreie Lagerung des Kopfes ist enorm.

Bekanntestes Beispiel war in den 1970er-Jahren der Garrard Zero (Großbritannien).

[Bearbeiten] Tangentialtonarm

Bewegungsablauf Tangentialtonarm
Bewegungsablauf Tangentialtonarm

Bei einem Tangentialtonarm ist der Tonarm nicht an einem festen Punkt drehbar gelagert, sondern wird auf einem Schlitten tangential zur Plattentellerachse in gerader (linearer) Richtung mitbewegt.

Hauptvorteil eines Tangentialtonarms ist, dass die Nadel im Idealfall immer exakt tangential zur Rille liegt. So treten weniger Verzerrungen auf, weil die Nadel im gleichen Winkel abtastet wie der Schneidestichel, der beim Herstellen der Platte die Rille formt.

Revox B 790 mit Tangentialtonarm
Revox B 790 mit Tangentialtonarm

Erreicht wurde dies in der Anfangszeit durch einen Servomotor, welcher den Tonarm der Plattenrille nachführte. Der Arm war drehbar auf dem Schlitten gelagert. Eine elektronische Regelung reagierte auf geringste Auslenkungen des Arms aus der linearen Idealausrichtung durch Nachführung des Schlittens. Nachteil dieses Verfahrens war, dass eben zuerst eine - wenn auch sehr geringe - Abweichung auftreten musste, welche dann korrigiert werden konnte.

Servogeregelte Tangentialtonarme erlaubten technische Gimmicks, wie etwa senkrechte Aufstellung des Plattenspielers oder Titelprogrammierung ähnlich wie bei CD-Spielern. Einige Gerätehersteller haben besonders in den 1980er-Jahren Plattenspieler mit diesen Funktionen herausgebracht (z. B. der Technics SL-J3 mit sonst CD-üblichen Features wie Programmierung bis acht Titel, automatischem Titelsprung und Wiederholfunktion).

Moderne Systeme werden mechanisch immer weiter perfektioniert (hochpräzise mechanische oder Luftkissenlagerung für kleinste Reibung), so dass die Nachführkraft der Plattenrille, die Trackingkraft, ausreicht, damit der Tonarm der Plattenrille von selbst folgen kann. Der eigentliche Tonarm ist nicht mehr seitlich verdrehbar, sondern in tangentialer Ausrichtung fest auf dem Schlitten montiert. Servomotoren und Regelelektronik fallen hier vollkommen weg. Diese Tonarme sind selbst in einfachster Form sehr aufwändig und deshalb nur im High-End-Segment zu finden.

Tangentialtonarme weisen prinzipbedingt kein Skating auf und benötigen daher keine Anti-Skating-Maßnahmen.

[Bearbeiten] Skating und Anti-Skating-Einrichtung

Der Anti-Skating-Mechanismus eines Tonarms gleicht eine zur Mitte des Plattentellers gerichtete Skating-Kraft bei Radialtonarmen aus, die daraus resultiert, dass Rillentangente und die gedachte Linie zwischen Nadelauflagepunkt und Tonarmdrehpunkt in der Regel nicht in dieselbe Richtung fluchten. Der Spurfehlwinkel (Winkel zw. Tonabnehmer und Rillentangente) kann zwar durch Kröpfen des Tonarms auf ein relativ kleines Intervall (ca. ±2°) reduziert werden, die Skating-Kraft wird davon jedoch nicht berührt.

Kräfteverteilung beim Skatingeffekt
Kräfteverteilung beim Skatingeffekt

Der reale Tonarm samt Kröpfung kann zur Betrachtung der Kräfte auf einen gedachten Tonarm (grüne Linie) reduziert werden. Durch die Reibung zwischen Plattenrille und Tonabnehmernadel wirkt zunächst eine zur Plattenrille tangentiale Kraft Ft. Diese kann der gedachte Tonarm durch zwei senkrecht aufeinander stehende Kräfte aufnehmen, nämlich die radiale Kraft Fr in Richtung des gedachten Tonarms und die Skating-Kraft Fs. Aus den beiden unterschiedlichen Stellungen des Tonarms wird ersichtlich, dass die Skating-Kraft bei diesen Verhältnissen zwar stets den Tonarm in Richtung Plattenzentrum treiben würde, die Kraft wird jedoch kleiner beim Lauf auf kleineren Rillenradien. Aus diesem Grunde müssen Antiskating-Einrichtungen eine von der Tonarmstellung abhängige Gegenkraft aufbauen. Die Kröpfung des Tonarms ist absichtlich übertrieben dargestellt, um zu zeigen, dass die sich ergebende Skating-Kraft keinen Zusammenhang mit den Winkeln des realen Tonarms zur Plattenrille aufweist.

Die oben genannte Reibungskraft Ft ist u. a. abhängig von der Nadelform und von der Auflagekraft, weshalb man üblicherweise die Antiskatingkraft nach einer Skala der Auflagekraft einstellt.

In der Detailabbildung zur Tonarmlagerung wird ein "statischer Anti-Skating-Mechanismus" mit einem Ausgleichsgewicht und einer dreistufigen Verstellmöglichkeit verwendet. Dynamisch wird dieses mit Hilfe einer Federkraft-Anordnung erreicht, die sich im Unterteil (nicht sichtbar) des Tonarms befindet. Ein Nachteil der dynamischen Konstruktion ist der sehr große Aufwand mit gegebenenfalls mehr klangbeeinflussenden Bauelementen.

[Bearbeiten] Tonabnehmerbefestigungen

Tonabnehmer an einem Tonarm mit "Halbzoll-Schraubbefestigung"
Tonabnehmer an einem Tonarm mit "Halbzoll-Schraubbefestigung"

Tonarme können mit unterschiedlichen Befestigungsmöglichkeiten für den Tonabnehmer ausgestattet sein. Im HiFi und High-End-Bereich ist die "Halbzoll-Schraubbefestigung" verbreitet (siehe Bild). Hier ist der eigentliche Kopf mit einer axialen Schraubbefestigung mit dem eigentlichen Arm verbunden, sodass ein schneller Wechsel von Köpfen mit verschiedenen Tonabnehmersystemen möglich ist.
Die Befestigung ist in Längsrichtung geschlitzt, sodass der Kopf parallel zur Plattenoberfläche ausgerichtet werden kann.

Die elektrischen Verbindungen im Kopf werden über einzelne Steckkontakte mit farblich kodierten Verbindungsdrähten hergestellt. Der abnehmbare Kopf stellt die Verbindung innerhalb der Schraubverbindung mit Federkontakten her.

Der eigentliche Tonabnehmer wird mit Schrauben im Kopf befestigt. Die zugehörigen Öffnungen im Kopf sind dabei als Schlitze ausgeführt, um eine Justagemöglichkeit des Spurfehlerwinkels (minimale Abweichung von der exakten Tangente) des Tonabnehmer zu erhalten.

Im DJ-Bereich sind Systeme mit "SME-Bajonettanschlüssen ohne Headshell" häufiger anzutreffen, da sie auf die so genannte Headshell verzichten, zum Beispiel beim weit verbreiteten Technics-SL-1210-Plattenspieler mit Ortofon-Concord-Tonabnehmer. Dieses führt zu einem besseren Verhältnis von "angetriebener" und "treibender" Masse der Tonabnehmerelektronik.

[Bearbeiten] Weblinks

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