Unter einer Rückwärtsbotschaft (engl. „backmasking“, „backward messaging“ oder „backward masking“) versteht man die versteckte Einschleusung von Botschaften in Tonträgern, indem diese in das Tonmaterial im Verhältnis zum eigentlichen Inhalt rückwärts eingebaut werden. Ist das Medium eine (Vinyl-)Platte, so muss man lediglich den Teller des Plattenspielers rückwärts drehen, während der Tonabnehmer aufgelegt ist. Im Fall von CDs benötigt man einen speziellen (DJ-)CD-Player. MP3s oder andere Dateiformate können mit einigen Audio-Editoren rückwärts gespielt werden.
Es gibt Fälle von Rückwärtsbotschaften, in denen gesprochene Passagen sehr deutlich und zusammenhängend sind, in diesem Fall liegt aller Wahrscheinlichkeit nach eine „echte“, also bewusst platzierte Rückwärtsbotschaft vor. Der überwiegende Teil hingegen sind vermeintliche Botschaften, die nur mit sehr viel Phantasie zu erkennen sind, was nicht ausschließt, dass es tatsächlich eine absichtlich vom Interpreten versteckte Nachricht ist. In den meisten Fällen handelt es sich aber schlicht um urbane Legenden.
Es kursieren zahlreiche Gerüchte, wonach Rock-Musiker auf diese Weise Botschaften in ihren Liedern versteckten, welche zu „unmoralischem“ oder „destruktiven“ Verhalten aufrufen würden - beispielsweise Drogenmissbrauch oder Suizid. Der Hörer könnte durch diese Botschaften unbewusst so beeinflusst werden, dass er die angeblich beschriebenen Taten auch tatsächlich ausführe.
Inhaltsverzeichnis |
Rückwärtsbotschaften lassen sich prinzipiell durch zwei verschiedene Verfahren einfügen.
Eine Möglichkeit ist es, bei der Aufnahme eines Musikstückes eine der Tonspuren aus der entgegengesetzten Richtung der anderen zu bespielen. Danach übertragen die Produzenten alles auf ein Band mit normaler Breite. Mit moderner Studiotechnik stellt dies kein Problem dar. Zwar lässt sich auf diese Weise enkodierter Text beim Rückwärtspielen gut verstehen, ist jedoch bei normaler Spielrichtung entsprechend unverständlich.
Ebenfalls lässt sich enkodierter Text auch dadurch erzeugen, dass man ihn rückwärts aufsagt. Allerdings ergeben sich dann beim Hören in richtiger Richtung meistens Unterschiede zu normal aufgesagten Text in Sprechmelodie, Betonung und durch die phonetische Struktur der Laute. Dies zu korrigieren erfordert meist Übung.
Auf dieser Methode baut eine noch etwas kompliziertere Herangehensweise auf. Bei dieser wählt man die Wörter eines Sprechaktes so aus, dass sie in normaler Hörrichtung „unverdächtig“ wirken, rückwärts angehört jedoch den gewünschten anderen Inhalt ergeben.
Auch bei der Dekodierung lassen sich zwei unterschiedliche Arten nennen.
Die einfachste Möglichkeit der Entschlüsselung ist es, das Material rückwärts ablaufen zu lassen. Das ist jedoch mit technischen Schwierigkeiten verbunden, und dann stellt sich außerdem das Hindernis, derartige Texte auch zu erkennen. Gemäß dem Sprichwort „Wer suchet, der findet“ entspringen viele Funde nur den Fantasien der Hörer.
In der Diskussion befindet sich eine Art der Rezeption, bei der die Botschaften unbewusst wahrgenommen würden. Während des Hörens höre das Unterbewusstsein die Botschaft aus den anderen Klängen heraus, um ihren rückwärts vermittelten Inhalt erkennen. Dies ist heute bereits seitens der Wissenschaft als unmöglich entmythifiziert und es zählt nach einhelliger Meinung ins Reich der Legenden, dass diese Botschaften eine unbewusste Wirkung auf den Hörer hätten. Inwiefern man hier noch von Dekodieren sprechen kann, ist fragwürdig.
Die Rückwärtsbotschaftenvorwürfe bauen generell auf einer Diskussion über subliminale Einflussnahme in der Werbung auf, welche in den 1950er Jahren in den USA geführt wurde. Beispielsweise sollen bei einem Versuch in einem Kino mehrere, bewusst nicht wahrnehmbare Bilder von Popcorn und Cola in einen Film eingefügt worden sein. Darauf soll der Umsatz dieser Produkte im Kino stark gestiegen sein. Während in einigen US-Staaten gesetzliche Verbote subliminaler Werbung verabschiedet wurden, war die Wissenschaft schon in den 1960ern der überwiegenden Meinung, diese Methode sei unpraktikabel.
Den Stein des Anstoßes stellte 1969 ein DJ aus England. Er hatte das Gerücht verbreitet, der Beatles-Bassist Paul McCartney sei bereits seit 3 Jahren tot. An seiner Stelle würde ein Mann namens William spielen, der durch plastische Chirurgie an seinen Vorgänger optisch angeglichen worden sei. Als starkes Indiz galt die beim Rückwärtshören des Beatles-Titel „Revolution No. 9“ angeblich zu entdeckende Botschaft „Turn me on, dead man“. Die Todesnachricht McCartneys würde hier versteckt liegen. Der Artikel „Paul is dead“ befasst sich ausführlich mit dieser Verschwörungstheorie.
In der Folge setzte ein breites Interesse in der Musikszene ein und man suchte Lieder nach solchen Rückwärtsbotschaften ab. In den 1980ern entstanden die ersten Behauptungen, dass in den Liedern populärer Musik, insbesondere der Rockmusik, solche Botschaften versteckt seien. Die Botschaften hätten einen okkultistischen, drogenverherrlichenden oder sexbezogenen Inhalt und würden die Hörer, hauptsächlich Jugendliche, durch unbewusste Beeinflussung zu delinquenten Verhaltensformen und moralisch-sittlichem Verfall treiben. In Nordamerika waren derartige Vorwürfe an die Musiker ein Gegenstand von Gerichtsprozessen und Gesetzesvorschlägen.
Das Interesse an Rückwärtsbotschaften in der Rock- und Metalszene ist relativ gering. Dort gelten Rückwärtsbotschaften zum Zweck der Jugendverführung als ein Mythos, der allenfalls der Brandmarkung der Musik diene. Rückwärtsbotschaften werden wohl hauptsächlich deshalb in Lieder eingefügt, um sich über die oben erwähnten Vorwürfe lustig zu machen oder durch bewusste Provokation die Verkaufszahlen zu steigern.
Die wissenschaftliche Erforschung der Rückwärtsbotschaften lässt sich theoretisch in drei Schritte unterteilen:
Die Fragestellung
Die meisten Berichte über Rückwärtsbotschaften beziehen sich auf die Themen Tod, Satan, Okkultismus, Sex und Drogen (nach Staum und Broton).
Die meisten vermeintlichen Rückwärtsbotschaften werden in Rockliedern festgestellt, aber auch bei Popkünstlern wie Madonna (Suicide tonight bei „Time goes by, so slowly“ am Anfang des Liedes "Hung Up").
Eine Motivation, auf Musikträgern Rückwärtsbotschaften zu verstecken, ergibt sich wahrscheinlich einfach nur aus simplen Späßen und der Lust an Geheimniskrämerei. Ein direkter kommerzieller Nutzen entsteht allerdings wohl kaum, da den meisten Hörern die Suche danach zu aufwändig ist und es ihnen meist schlichtweg egal ist. Indirekt kann natürlich das Gerücht, in einem rückwärts abgespielten Song sei ein Text hörbar, durch Mythenbildung die Bekanntheit eines Liedes steigern.
Es folgen Beispiele für mögliche Rückwärtsbotschaften, die angeblich durch entsprechende Aussprache eingearbeitet wurden (Phonetic Reversal). Wer allerdings die entsprechenden Stellen hört, ohne den zu erwartenden Text zu kennen, dürfte teilweise Schwierigkeiten haben sie zu verstehen:
Vor allem „Hotel California“ dient immer wieder als Beispiel dafür, dass es möglich sei, manche Botschaften in rückwärts abgespielten Liedern zu erkennen. Sollte man den Refrain ohne Kenntnis des zu erwartenden Textes rückwärts hören, würde man ihn wohl kaum verstehen können.
Beispiele für eindeutig rückwärts eingespieltes Material; hier hört man beim normalen Abspielen bereits unverständliche Geräusche (Engineered Reversal):
In einigen Songs von Aphex Twin sind Frequenzfolgen eingebettet, die bei graphischer Darstellung des Frequenzspektrums als Muster und Grafiken erkennbar werden. In der englischen Wikipedia findet sich eine sehr ausführliche, kommentierte Liste von „backmasked messages“.